Freitag, 14. Juli 2017

Die feinen Geschlechterunterschiede


In den meisten Sportarten werden die Leistungen der Frauen und Männer getrennt betrachtet und es gibt kaum ein Sport, wo die meisten Leute die Männerleistungen nicht bevorzugen und die der Frauen nett belächeln. 

Beim Felsklettern ist das nicht so, wir können den Sport gemeinsam ausleben und das liebe ich an unserem Sport. Wenn man aber mal genauer hinsieht, dann ist es eben doch nicht so. Klar im Wettkampfsport besteht die Trennung schon lange, dort kommt es auf faire Bedingungen an. Aber was sind faire Bedingungen? Ist es fair, dass einer 50kg und der Andere 80kg hat? Einer mit 1.60m Körpergröße spielen kann, während der Andere 1.90m hat?

Beim Felsklettern bekommt jeder das gleiche Problem serviert und darf seine persönliche Lösung dafür finden. Jeder, egal welches Geschlecht, kann seine Vorteile ausspielen und siegen oder scheitern. Wir bekommen alle die gleichen Bedingungen, nur gibt es Unterschiede in dem was mir mitbringen: Muskelmasse, Technik, Körpergröße und Gewicht. Es scheint aber auch im Felsklettern die geschlechtliche Trennung der Leistungen zu geben, wobei Einzelbeispiele zeigen, dass Mädels tatsächlich die gleiche Leistung bringen können. Nur sind es immer noch nur Einzelfälle und sehr auffällig ist auch, dass es viel weniger starke Mädels als Jungs gibt. Ich frage mich an was das liegt. Haben Jungs wirklich einen Vorteil? Sind sie wirklich stärker? Oder gibt es einfach viel mehr Jungs, die unseren Sport betreiben? Sind wir Mädels zurückhaltender und lassen uns einschüchtern? Also ich habe mich durchaus einschüchtern lassen. Ich selbst habe die Jungs oft auf eine höhere Stufe gestellt und mich darunter. Irgendwie scheint dies in unseren evolutiven Gehirnen verwurzelt zu sein. Die Männer sind einfach die Starken und wir gehen Beeren sammeln. Dennoch vergleiche ich mich aber mit den Männern. 

Nachdem ich mich mit ein paar Leuten über die Fragen, ob man die Leistungen vergleichen kann und warum es weniger starke Mädels als Jungs gibt, unterhalten hatte, sind wir auf einige Lösungsvorschläge gekommen. Zunächst liegt das Problem wohl schon noch daran, dass es einfach mehr Jungs als Mädels gibt, die klettern. Dabei wirft sich schon die nächste Frage auf und zwar warum das so ist. Blickt man in die Kinderklettergruppen in den Hallen fällt einem die Frauenminderheit nicht unbedingt auf. Wenn es aber darum geht dran zu bleiben und auch nach dem Ausschluss aus einer Gruppe selbständig weiter zu machen, dann sind es die Jungs die dort mehr Ehrgeiz zeigen. Das hängt wohl auch mit unserer nächsten Vermutung zusammen, dass die Mädels evolutiv gesehen eine geringere Risikobereitschaft als die Jungs haben. Im gleichen Zusammenhang liegt auch eine Hypothese, dass sich Mädels seltener bis an die Schmerzgrenze quälen (wobei ich allerdings auch viele Gegenbeispiele kenne).  Die wohl für mich plausibelste Erklärung findet ihren Ursprung in unterschiedlichen physiologischen Faktoren und zwar, dass Jungs durch ihre höhere Testosteronmenge mehr Muskelmasse aufbauen können. Studien zeigen aber, dass bei einer gleichen Trainingseinheit Jungs zwar deutlich mehr Muskelmasse aufbauen, der Kraftzuwachs bei beiden jedoch der gleiche ist, da bei Frauen sich die Muskelkraft und Muskeldefinition steigert. Wobei da jedoch auch wieder schnell die Frage im Raum steht, warum dann die höhere Muskelmasse ein Vorteil sein kann, denn beim Klettern kommt es ja schließlich auch auf das Gewicht drauf an. Es ist fraglich wie sich das die Waage hält.

Zurück zu unser Ausgangsfrage, ob wir die Leistungen vergleichen können, denke ich, wenn wir der Meinung sind, dass man es vergleichen kann, dann sollten wir Frauenbegehungen nicht in den Himmel loben. Einigt man sich allerdings darauf, dass die physiologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau zu groß sind und dies auch einen großen Einfluss auf die Kletterleistung hat, dann sollten wir aufhören die Leistungen direkt zu vergleichen. Dies bedeutet auch, dass Abwertungen nach Frauenbegehungen noch unsinniger sind, als sie jetzt schon sind.

Meine ganz persönliche Meinung:
Während ich den Artikel schrieb, habe ich so viel über die Thematik nachgedacht, dass ich nun keine eindeutige Meinung mehr habe. Ich meine im Grunde gibt es auch kein schwarz oder weiß. Es wird immer Ausnahmen geben, die die Regeln durchbrechen und das ist auch gut so.

Bevor ich mich tiefer mit der Materie befasst habe, war ich der Meinung, dass Jungs und Mädels die gleiche Leistung bringen können und fand es dadurch ungerecht, dass Frauenbegehungen anders angesehen werden.
Die Idee für diesen Artikel kam mir, als ich in der Halle beim Bouldern mit den Jungs feststellte, dass die Jungs einfach um Welten stärker sind als ich, das aber als fast schon normal angesehen wird und ich als starkes Mädel durchgehe. Vergleiche ich mich allerdings mit genau diesen Jungs, bin ich alles andere als stark. Gerade weil ich der Meinung war, dass die jeweiligen Geschlechter die gleiche Leistung bringen können, habe ich mich auch immer mit Jungs verglichen und habe mich selten stark gefühlt.
Jetzt denke ich, dass die physiologischen Unterschiede nicht ganz unwichtig sind und man Schwierigkeiten hat, die Leistungen zu vergleichen. Ich für mich werde mich allerdings weiterhin mit den Jungs vergleichen, da es ja schließlich nicht gesagt ist, dass wir nicht die gleiche Leistung erreichen können😊
Am Ende stammen wir doch so oder so alle vom Affen ab und wir können dieses gesamte verwirrende und vielleicht zu wichtig genommene Thematik auf dieses eine Zitat reduzieren:
"Never noticed a female monkey not climbing as well as a male, have you?"

Wie denkt ihr darüber?

1 Kommentar:

  1. Schöner Beitrag. Ich bin selbst eine "Kletterdame" im Leichtgewicht. Dieses Jahr im September geht es endlich mal wieder raus zum Klettern, in den Urlaub Villach, ich freu mich!

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